Civilclub Münster 1775
Der Civilclub Münster 1775 e.V. geht auf eine am 2. Februar 1775 von fünf Regierungs- und Hofräten ausgerufenen Erholungs-Gesellschaft zurück, die den höheren Beamten und Juristen der kirchlichen, staatlichen und militärischen Verwaltungen als letztem der gesellschaftlichen Berufsstände in der Stadt Münster seinerzeit einen festen gesellschaftlichen Mittelpunkt gab. Der Genuss eines „nützlichen als auch vergnügten Zeitvertreibes“ in den Räumlichkeiten der Buchhandlung Perrenon stand in der Gründungsperiode im Zentrum des Clublebens. Heute ist der Civilclub - kurz: CC - eine moderne berufsoffene Gesellschaft für Bürger und Bürgerinnen der Stadt Münster und des gesamten Münsterlandes gleichermaßen, welche das Interesse an Vortrags-, Kultur- und Musikveranstaltungen, Kultur- und Studienreisen und geselligen Freizeitangeboten teilen.
Inhaltsverzeichnis
Gegenwart
Der Civilclub versteht sich als eine Gesellschaft von vielfältig interessierten Mitgliedern, welche ungezwungen an den vom Club ausgerichteten Veranstaltungen teilnehmen können. Die Veranstaltungen dienen der Information, der Anregung und dem Gedankenaustausch. Zudem werden Gelegenheiten geschaffen, Mitglieder und Gäste unterschiedlicher Lebensalter, Berufsbiographien und Lebensumstände zusammen zu bringen, sich untereinander kennen und schätzen zu lernen. Das zwanglose Miteinander ist eines der zentralen Anliegen des Civilclubs.
Der Club wird durch einen Präsidenten/eine Präsidentin geführt. Weitere fünf Vorstandsmitglieder und bis zu fünf Beiräten unterstützen die seit Juni 2022 amtierende Präsidentin Michaela Heuer - der ersten Präsidentin in der nun 250 jährigen Geschichte des Civilclubs Münster 1775 - in deren Aufgaben [Anm. 5]. Das Clubleben wird durch ein breites ehrenamtliches Engagement vieler Mitglieder facettenreich ermöglicht.
Auch nach heutiger Satzung besteht der wesentliche Zweck der Gesellschaft in der Pflege der Geselligkeit. Der Club ist hinsichtlich seiner Mitglieder offen für verschiedenste berufliche Werdegänge, parteipolitische Überzeugungen und religiöse Zugehörigkeiten. Akzeptanz rechtsstaatlicher Prinzipien, Toleranz gegenüber anderen Meinungen, den übrigen Mitgliedern und die Einhaltung gesellschaftlich normaler Gepflogenheiten (Umgangsformen) als Voraussetzung für das Funktionieren einer Gemeinschaft werden erwartet. Die Verfolgung wirtschaftlicher Zwecke ist ausgeschlossen. In Zeiten der gesellschaftlichen Individualisierung war lange Zeit ein Mangel an gemeinsam erlebten Veranstaltungen und Anlässen zu verzeichnen. Neben der geistigen Anregung beugen Kontakte mit Mitmenschen und erlebter Freude in Gemeinschaften der zunehmenden sozialen Vereinsamung und dem Verlust an gefühlter Sinnhaftigkeit durch Gesellschaftsclubs wie dem Civilclub vor. Interessenten für eine Mitgliedschaft können zunächst als Gast an Veranstaltungen des Civilclubs teilnehmen. Ein Aufnahmeantrag kann bei konkretem Interesse schriftlich beim der Präsidentin/des Präsidenten gestellt werden.
Geschichte
Die Gründung des „Clubbs“ im Jahre 1775 fiel in die Zeit parallel bestehender geistlicher und weltlicher Strukturen von Fürst und Bistum (Fürstbischof), Stadt Münster, Stände (Gilden), Militär und folglich deren jeweiligen Verwaltungen. Somit existierte eine Welt der administrativen Parallelstrukturen, in denen fürstbischöfliche Verwaltungsbeamte, Hofräte, Prokuratoren und Advokaten ein breites Betätigungsfeld fanden. Aus dem Wunsch heraus, diesem höheren Beamtenstand als letzten der gesellschaftlichen Professionen einen gesellschaftlichen Mittelpunkt vergleichbar zu Gilden, Rittern und Adligen zu geben, gründeten die Hofkammerräte Christoph Bernhard Münstermann und Clemens August Detten, die Regierungs-Räte Johann Bernhard Hosius und Johann Heinrich Schweling und Ober-Kriegskommissar Jodokus Hermann Lipper alle nebst Gemahlinnen die Erholungs-Gesellschaft war am 02. Februar 1775 geboren. Es genügte zunächst ein angemieteter Raum in der kurfürstlichen Hofbuchhandlung Perrenon (heute Rotenburg 36), um in Stille Bücher, überregionale und französische Zeitungen und Anzeigen zu lesen, sich zu treffen und zweimal in der Woche Karten zu spielen. Zwanzig Regeln wurden für die Mitglieder – darunter auch Frauen – als Statuten verbindlich. In diesem Treffpunkt des „nützlichen wie vergnüglichen Zeitvertreibs“ dürfte vor dem Hintergrund der Aufklärung über die Entwicklungen in Staat und Stadt diskutiert worden sein.
In Münster und seinem Umland waren im Ausklang des 18.ten und Beginn des 19.ten Jahrhunderts die Umbrüche der Französische Revolution, des Endes des Fürstbistum Münster (1806) und der zunehmende Einfluss Preußens als Kern des weltlichen deutschen Staates bemerkbar. Die Mitgliederzahl des Civilclubs stieg in dieser Zeit kontinuierlich an. Wer in der Stadt und dem Münsterland etwas auf sich hielt, war häufig Mitglied dieser vernetzten Gesellschaft. In der 1800er Jahren traten viele Professoren und Dozenten der kürzlich gegründeten Universität ein. Juristen, Verwaltungsräte, Geistliche, Mediziner, Militärangehörige und später Kaufleute machten seiner Zeit das Clubleben aus. Umgangssprachlich war die Erholungs-Gesellschaft neben dem Civil-Clubb [Anm. 1] auch als Hofraths-Clubb und Bürger-Clubb bekannt. In der Zeitspanne seiner langen Residenz im Stadtweinhaus von 1792 bis 1895 wurde der Clubb als Gesellschaft zum Stadtweinhause bekannt. 1896 nahm die Generalversammlung die heutige Bezeichnung Civilclub an.
Das Clubleben fand zu den meisten Zeiten in angemieteten Räumlichkeiten anderer Einrichtungen statt. Dies reichte von der Anmietung eines oder zwei Zimmern in einfacheren zentral gelegenen Gebäuden, über Anmietungen von Etagen in repäsentativen Gebäuden bis hin zum Erwerb einzelner Flächen oder ganzer Gebäude [Anm. 2 - 4]: • Gesellschaftszimmer in Hofbuchhandlung Perrenon (Rothenburg 36) ab 1775 • Haus Cruse Gerbaulet’scher Gasthof (Prinzipalmarkt 5) ab 1779 • Stadtweinhaus ab 1782 • Romberger Hof ab 1895 – 1919 • Stienensches Haus (Syndikatsgasse 6) ab 1920 • Großer Schmisinger Hof (Neubrückenstrasse 58 ) ab 1928 – 1944 [Anm. 4] • Zollernhaus der Akademischen Verbindung Zollern (Wegesende 11) ab 1961 • Haus des Adeligen Damenclubs / Gasthaus Ewige Lampe (Fischmarkt 26) ab 1968 [Anm. 2] • Als koporati[ves Mitglied im Haus des Zwei-Löwen-Klubs (Am Kanonengraben 9) ab 2004 - heute
Einzelnachweise
- [Anm. 1]: Der Civil-Clubb in Münster während des ersten Jahrhundert seines Bestehens. Eine geschichtliche Skizze der Clubb-Mitgliedern gewidmet von der Jubiläumskommission Delius, Münch, von Storp, Heimbürger, von Noel, Wichmann, Münster 1875, Aschendorff’sche Buchdruckerei
- [Anm. 2]: Der Civilclub zu Münster und seine Heimstätten 1775 – 1968 zum Einzug in das Haus des Adeligen Damenclubs, 01.12.1968, Aschendorff, Münster
- [Anm. 3]: Münster – Hort kultureller Geselligkeit, 1775 – 1995, 220 Jahre Civilclub Münster, Festschrift zum 220 jährigen Jubiläum, Helmut Folkerts, Druckhaus Aschendorff, Münster Januar 1995
- [Anm. 4]: Westfälische Nachrichten: Wo sich einst der Adel wohlfühlte, Nr. 207 RM03, Ausgabe 06.September 2022
- [Anm. 5]: Westfälische Nachrichten: Civilclub wählt neue Präsidentin - Beständigkeit in den Wirren der Zeit"", Ausgabe Münster 12.06.2022